Facette
Wenn ich nur eine Facette
hätte,
dann wäre ich ziemlich flach,
ach.
Wär nur ein zweidimensionaler Edelstein,
würd von der Seite gar nicht zu sehen sein.
Das wäre ein ziemlich gefährliches Leben,
der kleinste Windstoß könnte mich heben.
Gleich einem Blatte würde ich fliegen
und irgendwo plötzlich im Drecke liegen.
Der Hausmeister käme und nähme den Besen,
das wär dann mein reichhaltiges Leben gewesen.
© Arno Zirm
Atemlos
Fliegen, so leicht
über schwere Steine
jahrhundertealt,
das macht mich jung.
Mein Blick voraus
durch Häuser um Ecken
siebenmeilenweit,
ich seh Dich schon.
Und da bist Du,
atemloser Mund küsst Mund
zu atemlos.
Wer braucht schon Luft.
© Arno Zirm
Fortschritt
Dunkelstrahlen,
gefangen in spinnwebverhangenen glühlampen,
die sich ihres namens schämen.
Keine chance zur wandlung
in licht.
Stählerne sinnlosigkeiten,
große und riesige, monstern gleich,
auch kleine, fast filigrane.
Und waren doch einmal lebewesen.
Gefrorene bewegungen,
nicht den namen verdienend,
der an wege erinnert, an vorwärtskommen.
Festgehalten auf ewig
in einer symphonie aus rost.
Kompakte kunstwerke
aus eisen und kupfer,
kraftlos herausgeflossen die kraft.
Tote schönheiten,
zu tränen rührend den kundigen.
Stücke aus material,
unkenntlich fast schon
durch bloße abwesenheit von händen.
Sollten einmal werkstücke werden,
zu ehren das werk.
Herumliegende gebilde,
die den mensch zum menschen machen,
so sagt man.
Ihm zur schande gereichend durch nichtgebrauch.
Leben nur noch in staubigen ecken
und faustgroßen löchern.
Geräusche nur noch durch abwesenheit von glas.
Schritte nur noch die meinen.
© Arno Zirm
Zeitflug
Gestern,
als ich mit Kastanien schoss
quer über die Straße,
war heute so weit.
Heute
sind schon meine Füße kalt.
Ich mache mich langsam
für Morgen bereit.
Morgen
vergess ich die Pläne dann
und lebe gestorben
in zeitloser Zeit.
© Arno Zirm
Krankes Kind
Ich stell mir den Tod nicht so komisch vor:
Ein alter Mann mit nichts auf den Rippen,
zusammengehalten vom Glauben an sich.
Was kann er tun mit mir, der alte Wicht,
wenn er mich umgesäbelt.
Wegtragen nicht.
Ich stell mir den Tod oft als Vogel vor:
Hoch fliegend im Blau dort über den Klippen.
Und nach da oben, da holt er auch mich.
Er weiß genau die Stunde, auch den Ort.
Das Ziel will ich nicht wissen.
Will nur fort.
© Arno Zirm
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