Wenn das kein würdiger Beginn eines neuen Jahres war … Am Abend des 1.1.2010 haben Annliese und ich James Camerons “Avatar” geschaut und könnten unser Urteil eigentlich mit einem Wort zusammenfassen: GEIL!!!!!
Aber erstens klickt niemand ein Filmkritik an, um Einzeiler zu lesen ;), zweitens gibt es auch zu einem rundrum gelungenen Film einiges zu sagen (obwohl Lästern mehr Spaß macht ^^).
Natürlich sind wir mit gewissen Erwartungen in den Film gegangen, doch Cameron hat es geschafft, diese haushoch zu übertreffen! Zumindest, was die Optik angeht. Die Fantasie und der erstaunliche Deteilreichtum, der in die Flora und Fauna des Planeten gesteckt wurde, ist einfach nur unbeschreiblich. Selbst wenn man der Story nichts abgewinnen kann, blaue Aliens mit Schwänzen nicht mag oder sogar das Vorurteil pflegt, dass SF nur was Kinder, Schizophrene oder colasüchtige Nerds mit dicken Brillengläsern ist … “Avatar” MUSS man gesehen haben!
Angesichts der überwältigenden Landschaftsaufnahmen, nächtlicher Wälder, die jede Weihnachtsbeleuchtung überflüssig machen, und dieser bizarren aber wunderschönen Tier- und Pflanzenwelt verzeiht man locker die stellenweise kitschige Farbgebung – oder solchen Unsinn wie schwebende Berge. Schwamm drüber … Berg drüber … und den Heiligen Farn obendrauf ;).
Originell ist neben der Optik allein die Tatsache, dass die Außerirdischen ausnahmsweise keine technisch überlegene High-Tech-Zivilisation sind. Faszinierens ist zudem die Idee und Umsetzung der Bewusstseinsübertragung in Alien-Körper. Einen weiteren Punkt gibt es für die spirituelle Verbindung von Na’vi, Bäumen und allem drumherum.
Der Plot an sich ist natürlich nicht neu. Aber das könnte man genau genommen von jeder Geschichte behaupten – denn wie wir hier schon festgestellt haben, gibt es nur eine begrenzte Zahl von Grundkonflikten. Ureinwohner vs. “fortschrittliche” Kolonisten plus Liebesgeschichte zwischen den gegnerischen Parteien ist einer dieser Grundkonflikte. Selbstverständlich füllt er bereits ganze Regale mit Indianerbüchern und auch Kevin Kostner hat das Rad nicht neu erfunden, als er drei ziemlich ermüdende Filmstunden lang mit dem Wolf tanzte ^^.
Ähnliche Längen wie bei dem erwähnten Kostner-Streifen ist man seit Abyss und Titanic auch von Cameron gewöhnt – doch diesmal fühlte ich mich positiv überrascht.
Natürlich sind die Streifzüge durch den Dschungel Pandoras eher etwas fürs Auge als ein Element, dass die Handlung voranbringt. Doch spätestens in der zweiten Hälfte des Film wird klar, dass der Zuschauer zusammen mit Jake auf Pandora “heimisch” werden muss, um bei seiner Zerstörung mit der angemessenen Trauer und Wut zu reagieren.
Ich gebe ehrlich zu, dass mich seit Langem kein Film mehr so aufgewühlt hat. Viele Kino(mach)werke der letzten Jahre habe ich mehr durch das Auge des Kritikers gesehen (bzw. des Schreiberlings, der beim Zuschauen gleich analysiert, wie der Plot gestrickt ist).
Und dann peitscht jemand einmal mit dem Schwanz und schleuert mich in meinen Konsomentenverhalten zwanzig Jahre zurück: Man fiebert mit, hält die Luft an, schwitzt, heult und hasst diesen Drecks***beutel mit den Grizzly-Kratzern im Gesicht von ganzem Herzen.
Hat uns Cameron jetzt manipuliert? Logisch ;). Aber wenn wir mal ehrlich sind, versuchen wir Autoren das alle – wenn wir eine Botschaft rüberbringen wollen.
Dass diese Botschaft nicht gerade subtil vermittelt wurde, kann man negativ werten. Muss man aber nicht.
Über die stereotypen Charaktere wurde auch des Öfteren gemeckert (nicht ganz zu Unrecht). Aber ich halte dagegen, dass dieser Film weder komplizierte Charaktere vertragen hätte noch subtile Konflikte zwischen schöngeistigen Individuen. Es ist Popcornkino mit einer tonnenschweren Ladung Pthos – und als solches funktioniert es wunderbar.
Schade fand ich höchstens, dass die Na’vi, die zu Anfang herrlich fremdartig dargestellt wurden, gegen Ende partiell in typisch menschliche Klischees verfallen: Sie benutzen Kriegsbemalung, sie küssen sich (das tun nicht mal alle Völker auf der Erde) … wenn sie auch noch Trauringe ausgetauscht hätte, wäre ich mitten im Kino aufgesprungen und hätte laut “Buh!” gerufen. Ernsthaft ^^.
Außerdem fand ich die Ureinwohner insgesamt zu “lieb”: Ein paar archaisch-fiese Sitten und Gebräuche, wie man sie auch bei irdischen Naturvölkern findet, hätten z.B. den Eindruck von Schwarz-Weiß-Malerei durchbrochen.
Nichtsdetotrotz gebührt “Avatar” ein Platz in der Top-Ten der Filmgeschichte.
(C) 2010 by Adriana Wipperling
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