Nun ist sie endlich da. Die erste neue Star Trek Serie seit über 15 Jahren. Das Ereignis, dem die Trekkies dieser Welt entgegenfiebern … aber wird sie den hohen Erwartungen gerecht?
Mein erster Reflex sah so aus: Meeeh, schon wieder ein Prequel, meeeeh, schon wieder Klingonen, meeeeh, schon wieder TOS-Ära. :/
Mir scheint es, als ob die Filmemacher von heute entweder keine eigenen Ideen haben oder sich nichts mehr trauen (und das trifft nicht nur auf Star Trek zu): Bloß nicht den Mainstream verunsichern, bloß nicht die Komfortzone verlassen, immer schön in vertrauten Gewässern bleiben, damit man nicht aus Versehen über den Hai springt. Statt dessen sehen wir das 150. Prequel, das 100. Reboot, die 500. Comicverfilmung, das 1000. Remake.
Dabei würde es gerade bei Star Trek Sinn machen, eine Serie weit nach Voyager, im 25. Jh. oder noch später anzusiedeln: Man hätte fast alle Freiheiten, müsste sich weniger mit dem Kanon rumärgern und könnte das komplette Special-Effects-Arsenal abfeuern, ohne dass sich Alt-Trekkies beschweren, es wäre zu „modern“. Man könnte ohne Ende neue Aliens erfinden und die Klingonen links liegen lassen.
Versteht mich nicht falsch, ich mag die Klingonen – allerdings sind sie … ich will nicht sagen „ausgelutscht“, aber in TNG und DS9 schon sehr gut definiert. Discovery fügt da – zumindest im Pilot – nicht wirklich neue Facetten hinzu. Bis auf den geänderten Look, der von Trekkies schon sehr kontrovers diskutiert wurde. Ich will mich jetzt nicht in die Masse derjenigen einreihen, die sich über das optische Upgrade der Klingonen aufregen – obwohl ich als Klingone ziemlich sauer wäre, weil keine Rasse in ST so oft „umgestylt“ worden ist .
Aber gut … wenn die Serienschöpfer meinen, dass ihre Klingonen nur dann ausreichend gefährlich wirken, wenn sie wie eine Kreuzung aus Nero und Shinzon auf Anabolika aussehen, kann ich damit leben. Ich finde es höchstens schade, dass die neue Maske recht wenig Raum für Mimik lässt, da die Klingonen doch eine recht expressive Spezies sind. Einen Gowron oder Martok sucht man hier jedenfalls vergebens. Eher entsteht der Eindruck, dass eine weitgehend homogene Masse von Fanatikern einem ebenso stereotypen Führer hinterher rennt. Streicht man Trekkie-Köder-Buzzwords wie Sto’Vo’Kor und Kahless, kommt ´niemand auf die Idee, dass das Klingonen sein sollen.
Aber wenn man sich von dem Gedanken verabschiedet, dass Klingonen wie Worf auszusehen haben, ist die Maske wirklich TOP.
Überhaupt, die Effekte, Schlachten, Planeten-Landschaften … kurz: die gesamte Optik ist einfach HAMMER und kann locker mit jedem Kinofilm mithalten!
Auch den Vorspann finde ich richtig originell, obwohl die Musik eher vor sich hin plätschert.
Die Story gewinnt zwar keinen Innovationspreis, weiß aber zu unterhalten und wirkt (bis auf eine paar kleine Logikfehler, die man wohl überall findet), gut durchdacht.
Bei den Charakteren geht die Serie für ST neue Wege und konzentriert sich voll auf die XO Michael Burnham (wieso ein weiblicher Offizier einen männlichen Vornamen tragen muss, ist mir immer noch schleierhaft). Das kann funktionieren, ist aber definitiv riskanter, als eine ST-Serie im 25. Jh. anzusiedeln . Denn eine Serie, die auf eine einzelne Figur konzentriert ist, steht und fällt eben mit dieser Figur.
Gerade bei ihrem Charakter bin ich allerdings hin- und her gerissen. Ein Fanfiction-Autor hätte sie jedenfalls nicht schreiben dürfen, wenn er nicht scharf auf die Mary-Sue-Keule ist: Eine Frau, die als einziger Mensch die Vulkanische Akademie absolviert hat, nach 7 Jahren als Erster Offizier bei der Sternenflotte immer noch wie max. 35 aussieht, alles besser weiß, als der Captain, und auch noch Ziehtochter von Sarek ist.
Letzteres kotzt mich vielleicht am meisten an, denn dieser Sarek hat mit dem legendären vulkanischen Botschafter aus TOS und TNG ungefähr soviel gemeinsam wie Katzen und Igel:
– Beide haben spitze Ohren und labern von Logik – check.
– Beide fressen Katzenfutter und rennen nachts durch unseren Garten – check.
Das war’s dann aber auch.
Außer, dass Spock eine Adoptivschwester bekommt, die er niemals erwähnt (wahrscheinlich hatte er schon von seinem Halbbruder die Schnauze voll ).
Man hätte also einen x-beliebigen Vulkanier erfinden können (was glaubwürdiger gewesen wäre), aber man buddelt Sarek aus, um die Fans bei der Stange zu halten. Und dieser Sarek empfiehlt „Mary-Sue“ Michael indirekt, gegen ihren Captain zu meutern und bei jeder Begegnung mit Klingonen, zuerst zu feuern? Vielleicht ist ja mein Gedächtnis mit 40 nicht mehr das Beste – aber ich dachte, Vulkanier wäre Pazifisten?
Bei Michael war die ganze Vulkanische Ausbildung offenbar fürs Plumpsklo, wenn sie von so primitiven Gefühlen wie Rache geleitet wird und immer wieder kurz davor ist, in Tränen auszubrechen.
Überfliegerin oder Versagerin, nervige Besserwisserin oder vielschichtiger Charakter, Mary-Sue oder Anti-Mary-Sue … oder irgendwas dazwischen … Das ist hier die Frage, die m.E. über Hopp oder Top der Serie entscheidet. Ich bin jedenfalls sehr gespannt, wie es gelingt, sie aus dem Knast zu holen und auf die Discovery zu befördern. Dürfte nicht einfach sein und könnte sehr spannend werden!
Die meisten anderen Charaktere sind bisher eher blass geblieben. Michelle Yeoh hat mir als Captain sehr gut gefallen (allein, wie sie das Starfleet-Symbol in den Sand getrampelt hat, um ein Signal an ihr Schiff zu senden, war genial), aber leider bleibt sie uns nicht lange erhalten .
Lt. Saru ist in erster Linie durch seine „Feigheit“ aufgefallen, doch er hat auf jeden Fall Potenzial.
Fazit: Ich bin erstmal angefixt und möchte unbedingt wissen, wie es weitergeht. Der Pilot ist toll inszeniert und hat vieles richtig gemacht. Aber ich finde es bisher schwierig, mit den Charakteren warm zu werden.
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